Ndayé told me a few things about this exhibition, whose title “TBH IF IT’S NOT ABOUT ME I’M NOT REALLY INTERESTED”, acts not only as provocation but as marketing strategy. In the history of messages written in bold capital letters, what is conveyed often enacts togetherness and solidarity (in one way or another). The display of a seemingly shameless egocentric statement (whose font only bolsters the boldness of it all) might throw off a few, but is soon enough owned by the reader (you), and make you ask:
(1) Yes, indeed, I’m never that interested if it’s not about me (self-reflection stage) (2) No really, I’m not ONLY interested if it’s about me... (empathetic stage)
(3) Who’s ME? (metaphysical stage)
(Or at least those are questions I asked myself when I first read that title). Questions that speak to a certain audience here: one that attend contemporary art events, one that believes in the arts as a driving force for social change, one that enacts selflessness but is ultimately hungry for otherness. But also one that knows what “TBH” stands for (I remember I had to google it actually, a few years ago now, and I’m born in 1992, like him). Ultimately, Ndayé speaks to very few people when writing that down, but enough to make his point: universality might only happen with the acknowledgment of selfishness.
Delineating boundaries that connect is actually one strategy he often employs. If you were there for the opening of the exhibition “Sensational & Antigenerative Successions” (that I curated last year at Nir’s former space – shameless promo here too –), Ndayé performed a piece that very much provoked the audience again, starting with something along those lines “I don’t want to be here”, and then outlining (but not fully) a square on the floor, with some masking-tape: it was his personal space, a stage, and the indication that no one should come in. To me, an undirect response to one of William Pope.L’s statement (which is also a work): “Black People are Cropped”.
For “TBH IF IT’S NOT ABOUT ME I’M NOT REALLY INTERESTED”, Ndayé occupies corners. Corners he invites you to occupy with him. Straight away, when he mentioned to me his interest for “the” corner, I thought of Kippenberger’s Martin, Into the Corner, You Should be Ashamed of Yourself (also from 1992). Yes, the corner can be that private space where one find peace and recentre (which I find fun since corners are not central), but it’s also tied to punishment and shame.
Actually Ndayé asked this question for a previous solo exhibition, linked to this one: “Will You Feel Comfortable in My Corner?” (Ariel Feminisms, Copenhaguen, 2019). Much more inviting as a title, yes, but also ambiguous as to why you wouldn’t feel comfortable there. To me, Ndayé’s corners are maybe places where feelings can unleash. Where one could cry while hiding. Revisiting some of Barbara Kruger’s works as I was thinking of the use of bold font in contemporary arts, I stumbled upon Who Will Write the History of Tears? (1987).
It’s also that Ndayé’s textile works seem wet, they’re always drying. In their abstraction, they convey many emotions, you could see them like giant handkerchiefs somehow, or maybe, the works themselves are tearful. Because, maybe, at the end, it’s no longer about them either (cf. Sam Gilliam,Corner, 1967).
Text by Cédric Fauq
Ndayé hat mir ein paar Dinge erzählt über seine Ausstellung mit dem Titel TBH IF IT’S NOT ABOUT ME I’M NOT REALLY INTERESTED (UM EHRLICH ZU SEIN WENN’S NICHT UM MICH GEHT, INTERESSIERT’S MICH NICHT WIRKLICH). Es handelt sich nicht nur um eine Provokation, sondern um eine Marketingstrategie. In der Tradition von Textbausteinen, die in Großbuchstaben und Fettschrift geschrieben sind, wird (auf die ein oder andere Weise) Sinnzusammengehörigkeit und Solidarität vermittelt. Die Darstellung einer scheinbar schamlos egozentrischen Haltung könnte hier einige aus der Bahn werfen (zumal die Schriftart die dahinter vermutete Dreistigkeit noch mehr aufbauscht). Bald jedoch verinnerlicht man sie als Leser (Du) und fragt sich:
(1) Stimmt, tatsächlich interessiert’s mich nie so sehr, wenn’s nicht um mich geht (Selbst-Reflexionsphase) (2) Nein wirklich, ich bin nicht NUR interessiert, wenn’s um mich geht (empathische Phase)
(3) Wer bin ICH? (metaphysische Phase)
(Zumindest waren das die Fragen, die ich mir stellte, als ich den Titel zum ersten Mal gelesen hatte.) Fragen, die ein bestimmtes Publikum hier ansprechen: eins, das zeitgenössische Kunstveranstaltungen aufsucht, eins, das an die Künste als Antrieb für soziale Veränderungen glaubt, eins, das Selbstlosigkeit praktiziert aber nach Andersheit trachtet. Aber auch eins, das weiß wofür „TBH“ steht. (Ich erinnere mich, ich musste es tatsächlich googlen, vor ein paar Jahren, und ich bin Jahrgang 1992, wie er.) Im Endeffekt, spricht Ndayé mit den geschriebenen Zeilen nur sehr wenige Leute an, aber genug, um es auf den Punkt zu bringen: Vielseitigkeit kann nur mit dem Eingeständnis von Egoismus erreicht werden.
Das Skizzieren von Grenzen ist im Übrigen eine Strategie, derer er sich häufig bedient. Falls Du anwesend warst bei der Eröffnung der Ausstellung Sensational & Antigenerative Successions (die ich letztes Jahr in Nirs ehemaligen Räumlichkeiten kuratiert habe – schamlose Eigenwerbung hier –), erinnerst Du Dich vielleicht: Ndayés Performance, in der er ebenfalls das Publikum provozierte, begann ungefähr mit den Zeilen: „I don’t want to be here (Ich will hier nicht sein)“, und dann skizzierte er mit Malerkrepp ein (nicht ganz geschlossenes) Viereck auf den Boden: es war sein persönlicher Raum, seine Bühne, und ein Zeichen dafür, dass dieser Raum von keinem weiteren betreten werden durfte. Für mich sieht es nach einer indirekten Antwort auf William Pope L.‘s Statement (was auch eins seiner Werktitel ist) aus: Black People are Cropped (Schwarze Menschen sind abgeschnitten).
In der Ausstellung TBH IF IT’S NOT ABOUT ME I’M NOT REALLY INTERESTED nimmt Ndayé Ecken ein. Er lädt Dich ein, diese Ecken gemeinsam zu belegen. Als er mir gegenüber sein Interesse für „die“ Ecke bekundete, dachte ich direkt an Kippenbergers Martin, ab in die Ecke und schäm Dich (auch von 1992). Ja, die Ecke kann ein privater Raum sein, wo man Ruhe findet und sich sammeln kann (was ich witzig finde, da Ecken nicht zentral liegen), aber mit Ecken wird eben auch Bestrafung und Scham in Verbindung gebracht.
Genau genommen, hat Ndayé diese Frage bereits in einer Einzelschau gestellt, die mit der jetzigen in Verbindung steht: Will You Feel Comfortable in My Corner? (Wirst Du Dich in meiner Ecke wohlfühlen?) bei Ariel Feminism in Kopenhagen, 2019. Viel einladender als Ausstellungstitel, klar, aber auch zweideutig, denn warum solltest Du Dich dort nicht wohlfühlen? Mir scheint es, als könnten Ndayés Ecken Orte sein, wo man seinen Gefühlen freien Lauf lassen kann. Wo man weinen kann, während man sich versteckt. Ich bin nochmals auf ein paar Arbeiten von Barbara Kruger zurückgekommen, während ich mehr über die Verwendung von Fettschrift in zeitgenössischer Kunst nachgedacht habe. Ich stolperte über die Arbeit Who Will Write the History of Tears? (Wer Wird die Geschichte der Tränen Aufschreiben), 1987.
Es scheint auch als wären die Textilarbeiten von Ndayé nass, sie sind immer am Trocknen. In ihrer abstrakten Ästhetik vermitteln sie viele Emotionen. Man kann sie als riesige Taschentüchter verstehen, oder auch als ob sie selbst voller Tränen sind. Denn, vielleicht, geht‘s am Ende auch nicht mehr wirklich um sie. (vgl. Sam Gilliam, Corner, 1967).
Text von Cédric Fauq
Translation: Tatjana Schaefer