For its third exhibition at Nir Altman, albeit its first one since the gallery moved into new premises, littlewhitehead brings a series of new works on canvas and sculptures that together feed into a cohesive rainscape.
The common denominator between the sculptural works and paintings is an instantly evident absence of humanity, which reads as a continuation of the duo’s in-depth research into abandoned and dystopian landscapes from a post-anthropocentric viewpoint. Although separately conceptualized as two independent series of works, the sculptures and paintings occupy the gallery in an interactive placement. They seek dialogue between each other as much as with the viewer, who by this scenario is turned into a wanderer through an uninhabited, yet atmospherically loaded space.
The paintings are constructed around one prominent figurative element: rain. Littlewhitehead’s playful exploration into appropriating found imagery – using certain pictorial elements, and eliminating others – is continued in this series, as they single out the motif of rain from elaborate Ukiyo-e compositions. This 17th-19th century Japanese style, known for its mastery of flatness and contouring, heavily influenced European avantgarde artists. Littlewhitehead is revisiting this painterly tradition, while transferring its specific aesthetic into a visual identity of their own. For this, the duo combines different open-source technologies that allow them to automate the physical making of the painting. Through programming and hacking, the artistic agency remains largely within the duo’s control. However, part of the process is consciously delegated to AI in pursuit of a productive co-creation between man and machine. The rain paintings as products of such hybrid creativity thus also attest to a paradigmatical shift in the painter’s identity, who now embraces a collaborative rather than oppositional stance towards robotic means.
The paintings’ sleekness stands in stark contrast to the tactile qualities of the sculptural pieces made of sheet lead. Here, the artist duo chose a metal that is ambiguous by nature: Lead is easily malleable evoking a sense of destructibility through physical force. But lead also protects from radiation while its fumes are highly poisonous. Depending on the perspective, the material can be shield or weapon, soft or resistant.
The metal is only one of two sculptural components, water builds the second. All sculptures in the show are vessels containing water, like the residue of some rainfall that has just passed through. Water as an impermanent, evaporable component brings an uncanny immediacy to the sculptures and the setting at large: something has just happened here, just minutes before one’s own presence filled the room. If water is seen in the context of life’s beginning, the idea of a natural cycle being referenced in paintings and sculptures comes to the fore. One is standing in a liminal space, amidst an in-betweenness of falling and ascending water. But one’s body, consisting to 60 per cent of water, constitutes part of that cycle. As the leading figure of Hydrofeminism Astrida Neimanis expanded on in her landmark thesis On Becoming a Body of Water (2012): “water is also a planetary archive of meaning and matter.”
What comes through in littlewhitehead’s latest series of works is a deep connection to the notion of water as an archive encapsulating ancient to present-day meanings. Given that the sculptures represent figurative items – an abandoned cap, a forgotten backpack or a lost glove, the political dimension of water becomes inescapable. The objects come alive like hints and clues of an already begun narrative. One that littlewhitehead cleverly puts into our hands, for us to define its possible endings.
Text by Tatjana Schaefer
In ihrer dritten Einzelausstellung bei Nir Altman zeigen Littlewhitehead neue Arbeiten auf Leinwand und Skulpturen, die ein zusammenhängendes Rainscape (Regenlandschaft) bilden. Es ist die erste Ausstellung des Künstlerduos in den neuen Räumlichkeiten der Galerie.
Der auf den ersten Blick erkenntliche gemeinsame Nenner zwischen Skulpturen und Malereien ist das Fehlen menschlicher Figuren. Das Thema verlassener und dystopischer Landschaften war bereits in den vergangenen Arbeiten von Littlewhitehead präsent. Damit bildet die aktuelle Ausstellung eine Weiterführung ihrer post-anthropozentrischen, fast schon archäologisch anmutenden Ästhetik. Obwohl die skulpturalen und malerischen Arbeiten separat voneinander konzipiert wurden, haben die Künstler sie auf eine Weise in der Galerie angeordnet, die auf Interaktion zielt. Die Betrachter:innen werden qua Szenerie dazu aufgefordert, sich wie Wandrer:innen in einer unbelebten, zugleich atmosphärisch aufgeladenen Sphäre zu bewegen.
Im Mittelpunkt der Malereien steht ein gegenständliches Kernmotiv: Regen. Littlewhiteheads spielerische Aneignung von Bildinhalten aus dem Internet, bei der sie einzelne Bausteine hervorheben, andere ausblenden, findet seine Fortsetzung in dieser Serie. Jedoch entspringen die Bildvorlagen diesmal Ukiyo-e Kompositionen. Der vom 17. bis 19. Jahrhundert vorherrschende Stil japanischer Malerei und Druckgrafik, beeinflusste Anfang des 20. Jahrhunderts Künstler:innen in Europa, die daran den meisterhaften Umgang mit Flächigkeit und Kontur erprobten. Littlewhitehead setzt bei dieser mehr als 100 Jahre zurückliegenden, malerische Tradition an, entwickelt daraus aber gleichzeitig eine eigene, zeitgenössische Bildidentität. Hierzu verbindet das Duo unterschiedliche Open-Source-Technologien, die es ihnen erlauben den physischen Malprozess komplett zu automatisieren. Durch Programmieren und Hacking bleibt die künstlerische Verantwortung weitestgehend in ihren Händen. Allerdings wird der kreative Prozess stellenweise an KI abgetreten, die z.B. eine von den Künstlern ausradierte Stelle mit Farbvorschlägen ergänzt. Die Regenbilder sind somit auch als Zeugnisse einer künstlerischen Haltung zu verstehen, die gegenüber technologischem Fortschritt kollaborativ und nicht defensiv eingestellt ist.
Die makellose, glatte Oberfläche der Malereien steht im Kontrast zur Haptik der skulpturalen Arbeiten aus dünnem Bleiblech. Das Künstlerduo hat speziell ein Metall gewählt, das vieldeutige Konnotationen zulässt: Bleiblech ist leicht verformbar und somit durch physische Krafteinwirkung zerstörbar. Andererseits kann Blei vor radioaktiver Strahlung schützen, oder bei Erhitzung giftige Dämpfe ausstoßen. Je nach Perspektive und Einsatz, wirkt das Material als Schutzschild oder Waffe, sanft oder resistent. Der zweite zentrale Bestandteil der Skulpturen ist Wasser. Denn alle Skulpturen sind gleichzeitig Behältnisse, die Wasser aufgefangen haben, wie als wäre soeben ein Regenschauer durch den Raum gefegt. Wasser, das sich im stetigen Wandel befindet, bringt das unheimliche Gefühl einer unmittelbaren Lebendigkeit in den Raum: irgendetwas ist hier passiert, nur wenige Minuten bevor man selbst den Raum betreten hat.
Betrachtet man Wasser als Ausgangspunkt der Werke, rückt nicht nur Regen, sondern der ganze ökologischen Zyklus in den Fokus. Man steht an der Schwelle, zwischen fallenden und aufsteigenden Formen von Wasser. Und gleichzeitig ist der eigene Körper, der zu 60% aus Wasser besteht, immanenter Teil dieses zyklischen Geschehens. Wie die leitende Stimme der hydrofeministischen Bewegung Astrida Neimanis in ihrem Durchbruchswerk On Becoming a Body of Water (2012) einst gesagt hat: „Wasser ist ein planetarisches Archiv von Bedeutung und Materie.“
In Littlewhiteheads jüngsten Arbeiten kommt diese gedankliche Verbindung zu Wasser als Speicher archaischer bis heutiger Bedeutungszusammenhänge durch. Vordergründig ist dabei der Rückbezug zum Menschen, der der gegenständlichen Formensprache der Skulpturen innewohnt – eine herrenlose Mütze, ein vergessener Rucksack oder ein verlorener Handschuh; die politische Dimension von Wasser lässt sich in diesem Kontext nicht leugnen. Die Objekte lesen sich wie Spuren einer bereits begonnenen Erzählung. Littlewhitehead legt es in unsere Hände, die alternativen Enden dieser Narrative selbst zu bestimmen. Text von Tatjana Schaefer
Text von Tatjana Schaefer